Es war am 6. Mai 2000: DFB-Pokalfinale in Berlin. Bayern München war die Endspiel-Revanche gegen Werder Bremen erfolgreich geglückt – durch einen 3:0-Sieg (im Vorjahr hatte Bremen noch mit 6:5 nach Elfmeterschießen triumphiert). Auch Jan – der Content-Spezialist – und Sebastian weilten zuvor unter den 75.841 Zuschauern im ausverkauften Olympiastadion. Die beiden Herren absolvierten zu diesem Zeitpunkt in der Hauptstadt ihre journalistische Ausbildung an der renommierten Axel-Springer-Akademie. Und hätten sich wahrscheinlich nicht träumen lassen, was an diesem Abend noch geschehen sollte…

Die Sache mit dem Berliner VIP-Bus

Als die beiden Redakteurs-Azubis aus dem Stadion kommen, sehen sie vor der Haupttribüne, also dort, wo immer die Pressevertreter und Ehrengäste Platz nehmen, einen schicken Reisebus. Der damalige Kicker-Chefredakteur Rainer Holzschuh und dessen Stellvertreter Klaus Smentek steigen ein. Dazu frühere deutsche Fußball-Helden mit ihren Partnerinnen. Eine Art VIP-Shuttle also. Die beiden angehenden Sport-Redakteure beobachten die Szenerie sehr aufmerksam – und vor allem, dass den Einstieg niemand kontrolliert. Und so fassen sich die angehenden Journalisten ein Herz! Als würden sie auch zur Reisegruppe gehören, besteigen die jungen Herren den Bus. Wie selbstverständlich gehen sie den Gang entlang und nehmen schließlich in der letzten Reihe Platz. Niemand hat die nicht eingeladenen Gäste entlarvt. Aber noch ist der Bus ja auch nicht abgefahren. Ob doch jemand etwas merkt?

Netzer lobt junge Journalisten

Die Minuten verstreichen. Da steigt Fußball-Legende Günter Netzer mit Ehefrau Elvira in den Bus. Die beiden gehen immer weiter. Schnurstracks Richtung letzter Reihe. „Dürfen wir uns zu Ihnen setzen?“, fragt Netzer wie ein Gentleman. Ausgerechnet Netzer! Der war noch wenige Wochen zuvor an der Axel-Springer-Akademie zu Gast. Den Volontären des aktuellen Jahrgangs – darunter Jan und Sebastian – stand er Rede und Antwort. Schnell ist den beiden klar, Netzer die Situation zu beichten. Sie sprechen den früheren Spielmacher von Mönchengladbach, Real Madrid und der deutschen Nationalmannschaft auf ihre gemeinsame Begegnung vor Kurzem an und erklären, warum sie nun in diesem Bus sitzen. „Das finde ich ja großartig. Das nenne ich mal findige Journalisten“, meint Netzer und seine Frau Elvira schmunzelt. Kurz darauf erfahren die beiden Jungs von der Fußball-Lichtgestalt auch, wohin dieser Bus fährt…

Seit 1965 erhält der DFB-Pokalsieger diese 6,25 Kilogramm schwere Trophäe. Sie besteht aus feuer-vergoldetem Sterlingsilber und 210 Gramm Feingold. Zwölf Turmaline, zwölf Bergkristalle und 18 Nephriten zieren den Pott.
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Der Netzer-Trick: Ab durch die Mitte

Dieser VIP-Bus fährt tatsächlich direkt zur Pokalsieger-Party des FC Bayern ins Hotel Four Seasons (seit 2004 „Hotel Regent Berlin“)! Wahnsinn. Aber dort wartet ja die nächste Hürde auf die beiden Azubis. Wie kommen sie ohne Einladungsticket hinein? Diese Frage soll sich wenig später beantworten. Nach der Ankunft am Hotel sagt Netzer: „So, meine Frau und ich nehmen euch jetzt in die Mitte und dann gehen wir gemeinsam hinein.“ Gesagt, getan: In der Mitte die beiden jungen Journalisten und außen Elvira und Günter Netzer – so schreitet das Quartett die Stufen zum Festsaal hinauf. Als sich ein Hotelbediensteter auf sie zubewegt, meint Netzer freundlich: „Diese beiden Herren gehören zu uns.“ Wenige Sekunden später ist es tatsächlich geschafft! Jan und Sebastian sind beim Sieger-Bankett, bekommen sogar einen Tisch zugewiesen – und sitzen zwischen den Moderatoren und Reportern vom damaligen TV-Sender Premiere (heute Sky). In bester Gesellschaft also!

Die beiden Azubis genießen in den nächsten Stunden nicht nur ein 5-Gänge-Menü – sie bekommen sogar den Pokal von Bayern-Keeper Oliver Kahn in die Hände gedrückt. Ein langer und vor allem unvergesslicher Abend – dank Fußball-Legende Netzer und seiner charmanten Frau Elvira.